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Job-Bewertung

«Naming and Shaming» der Arbeitgeber gewinnt in der Web-Community an Bedeutung. Auch immmer mehr Schweizer nutzen die nicht ganz unumstrittenen Job-Bewertungsportale und bescheren den Betreibern schwarze Zahlen.

Auf den Bewertungsportalen zeigen manche Mitarbeiter ihrem (Ex-)Arbeitgeber die rote Karte.
Schon mal gehört von Kununu, Kelzen, Jobvoting oder Bizzwatch? Es sind die angesagten Online-Job-Bewertungsportale im deutschsprachigen Raum. Auch Mitarbeiter von Schweizer Firmen können hier ihren Arbeitgeber loben, kritisieren oder einfach mal ganz deutlich die Meinung sagen.

Beispiel UBS und SBB

Unternehmen erhalten dabei ganz unterschiedliche Bewertungen. Auf Kununu.com steht beispielsweise über die UBS: «Mobbing ist an der Tagesordnung, wenn man weiterkommen will. Hat die schlechtesten Chefs, die es nur geben kann». Der Verfasser ist ein ex-Mitarbeiter, er bleibt anonym. Ein anderer Mitarbeiter bewertet die UBS als "Super Arbeitgeber", ein weiterer schreibt "Es ist der beste Job, den ich je hatte."

Die SBB wird von ihrem Personal mit Lob überschüttet. «Interessantes Unternehmen, eine ‹Institution› in der Bevölkerung», schreibt einer aus der SBB-Finanzabteilung.

Schweizer Firmen reagieren

Die grösste Web-Plattform für dieses «Naming and Shaming» ist nach eigenen Angaben Kununu.com. Der Geschäftsführer der österreichischen Plattformbetreiberin, Martin Poreda, sagt, dass sein Portal immer häufiger auch von Schweizer Firmen genutzt werde, die auf Kommentare reagieren oder sich selbst präsentieren wollen. «Die Schweizer waren die ersten, die sich als Arbeitgeber auf Kununu präsentiert haben», sagt Poreda.

Kununu verdient das Geld mit Firmen, die auf der Website ein Profil buchen. Sie erhalten Webspace, um ihr Unternehmen mittels Text, Bildern und Videos zu präsentieren oder offene Stellen anzubieten. Unabhängig von der Plattform sieht sich Kununu als «Berater und Wegbegleiter für Unternehmen in Sachen Social Media».

3700 Schweizer Unternehmen sind bereits bewertet

Und das offenbar mit Erfolg: «Kununu schreibt nach nur drei Jahren Geschäftstätigkeit und mit neun Mitarbeitern schwarze Zahlen», sagt Poreda. Der Umsatz werde 2011 im siebenstelligen Bereich liegen.

Aktuell bewerten 8770 Arbeitnehmer rund 3700 Schweizer Unternehmen. In Österreich sind es 11'000 Arbeitnehmer, die für 5300 Unternehmen eine Bewertung abgeben. Als «aktivste» Schweizer Unternehmen erscheinen auf der Kununu-Website die Schweizerischen Bundesbahnen, die Grossbanken UBS und Credit Suisse, gefolgt von Sunrise und Migros; als «aktivste» Stadt taucht Zürich auf.

Rechtlich nicht unproblematisch

Die Juristin Nathalie Glaus hat ihre Masterarbeit über Internet-Bewertungsportale geschrieben und dabei auch Kununu.com unter die Lupe genommen. Sie macht grosse Fragezeichen.

Anonyme Bewertungen

«Die Bewertungen können anonym gemacht werden», so Glaus. Im Fall von Manipulation biete die Plattform nur bedingt Korrekturmöglichkeiten.

Zudem könne die Gesamtbewertung des Unternehmens stark von einer geringen Bewerter-Zahl verzerrt werden. Und die Vermischung von Inhalten sei «grenzwertig». «Problematisch ist, dass der User nicht klar gekaufte von nicht gekaufter Information unterscheiden kann.»

Kununu-Chef Martin Poreda verteidigt das Konzept: «Die Anonymität verhilft zu authentischen, ungeschönten Aussagen, die Arbeitnehmern wie Arbeitgebern nützen.» Zumal würden neun Kununu-Angestellte die Bewertungen auf diskriminierende, rufschädigende oder rassistische Inhalte prüfen. Komme ein Unternehmen schlecht weg, räumt ihm Kununu die Möglichkeit eines Gegenkommentares ein.

Das Konzept scheint auch andere Jobportal-Betreiber zu überzeugen. «Vor kurzem haben wir mit Livejobs.ch eine Kooperation geschlossen», so der Kununu-Chef. Das Schweizer Video-Portal für Jobs, Karriere und Firmenportraits soll Arbeitnehmer und -geber via Kununu unterstützen.